Psychosomatische Reha

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Im letzten Beitrag habe ich euch von meiner Depression berichtete, mein begleitender Therapeut hat gleich am Anfang eine Reha vorgeschlagen. Leider ist der erste Antrag verschwunden und für meinen Zweiten Ende Februar gestellten hat sich die Rentenversicherung auch etwas Zeit gelassen.

Am Montag vor Ostern kam jedoch die Bestätigung der Rv und am Donnerstag (vor Karfreitag) kam die Einladung die Reha im Hohen Norden, genauer in der Seepark Klinik Bad Bodenteich am Dienstag nach Ostern anzutreten.Glück für uns das wir schon wussten das es schnell gehen kann und ich praktisch schon auf gepackten Sachen saß. Die 700km fahrt wollte ich im eigenen Wagen zurücklegen, zuletzt hatte ich mich wieder etwas an das Autofahren gewöhnt so das ich mir das mit einigen Pausen schon zutraute. Ich habe auch geschafft und kam pünktlich an. Die vielen Menschen um mich herum und der damit verbundene Krach machten mich erst richtig fertig. Die ersten beiden Wochen bin ich nur zitternd durch die Gegend gelaufen. Bei jedem Arztgespräch musste ich heulen und ich war fest davon überzeugt nie wieder arbeiten zu können. Selbst die kleinsten Aufgaben vielen mir schwer. z.b habe ich es nicht geschafft die Würfel beim Kniffel zusammen zu zählen. Mir wurde alles gestrichen, ich sollte nur noch Sachen machen bei denen Garantiert war das dabei kleine Erfolgserlebnisse herauskamen und natürlich die Psychotherapie im einzel und Gruppengespräch.

Die Klinik ist sehr Gruppen orientiert, unsere Gruppe war beim Essen, bei der Ergotherapie und Gruppentherapie immer zusammen. Auch sonst haben wir viel gemeinsam gemacht und die Gruppe war es auch die mich immer wieder aus meinen extrem negativen Phasen herausholte.

Bei einer Einzeltherapie fragte die Psychologin mich dann was so alles im letzten Jahr passiert ist. Sie schrieb alles auf Postit Zettel und klebte alles positive und negative in Gruppen auf dem Tisch. Sie machte mir klar das ich mit Namensänderung, Gutachter,  Hormone und die neue Gefühlswelt zwar enormen Stress hatte,dieser aber durchweg positiv war. Das habe ich zu dem Zeitpunkt aber nicht verstanden. Ich machte mir ein Foto von der Zettelsammlung und als ich es mir am Abend noch einmal angesehen habe ging die Schranke im Kopf auf und mir war auf einmal klar das die ganzen Änderungen im letzten Jahr einfach zu viel waren.

 

Bei der Gruppensitzung am nächsten Tag habe ich mich mehr beteiligt, so sehr das die Therapeutin meinte ich sei ein anderer Mensch. Die MBor Übungsaufgaben die ich zur Vorbereitung auf meinen Schreibtischjob machen sollte und mich in der ersten Woche überfordert haben, wurden so langweilig das ich sie nicht mehr machen wollte.  Die Therapeutin war begeistert. Dachte ich vor wenigen Tagen noch mein Leben sei vorbei hatte ich nun Pläne. Als das Gespräch mit Ober- und Chefarzt und weiteren anstand, in dem es darum ging wie es nach der Reha weiter geht, habe ich mich vorbereitet. Ein Diagramm gezeichnet was ich beruflich überhaupt mache. Alles gute und schlechte an meiner Arbeit aufgeschrieben und auch etwas erarbeitet wie es mir besser gehen könnte.

Das Gespräch war Ergebnis offen, von Erwerbsunfähig bis Arbeitsfähig war alles möglich, da sie mich alle nur aus der ersten Woche kannten tendierten sie eher zu ersterem. Der Chefarzt fing dann an „Hm, Frau Neumann… Softwareentwicklerin… Was machen wir mit Ihnen?“ Das große Schweigen in der Runde unterbrach ich dann mit einem 10 Minütigen Monolog was ich mir  vorstellen könnte. Die ganze Gruppe starrte mich mit offenem Mund an, das hätten sie nicht erwartet, meine Psychologin grinste von einem Ohr zum anderen. Fazit, ich bin wieder fit im Kopf, brauche ein ruhiges Büro und soll bestenfalls im Home Office arbeiten.

Beim späteren Einzelgespräch mit meiner Psychologin sagte sie mir noch einmal wie erstaunt die Ärzte waren und mit welcher Überzeugung ich den Vortrag habe. Sie meinte ich hätte alles richtig gemacht. Sie wollte dann auch noch einmal das Diagramm sehen und ich erklärte es ihr. Für sie war aber der wichtigste Punkt das ich mich als Strichmännchen mit erhobenen Armen und mit Kleid in die Mitte des Bildes gemalt hatte. Daraus konnte sie lesen das ich zu meiner Arbeit stehe (ich war mittendrin) und sie mir Spaß macht (erhobene Arme 🙂

So ging es in der Folgezeit nur noch darum wie ich aufkommenden Stress erkenne und wie ich ihn abbauen kann. In der Gruppe gab es auch eine Mitpatientin (Danke Martina :-)) welche oft von ihren Fellnasen (Hund, Katze,Pferd) erzählt hat und wie sehr sie sich mit ihnen entspannen kann. Ich denke sie erwähnte auch einmal das sie statt Reha lieber einige Wochen nur mit ihren Tieren verbringen sollte, das würde mehr helfen. So reifte dann auch ein neuer Plan in meinem Kopf. Alexandra und ich haben uns schon immer einen Hund gewünscht, da wir beide aber in Vollzeit arbeiten konnten wir ihm nicht gerecht werden. Jetzt wo ich meine Arbeitsstunden reduziere und zudem noch gelegentlich zuhause arbeite wäre er kaum noch alleine. Also beschlossen wir kurzerhand einen Hund anzuschaffen. 🙂

Nach fünf Wochen war ich dann Froh die Klinik verlassen zu dürfen. Das Essen war so schlecht das ich meistens gar nicht mehr zum Essen gegangen bin. Der ständige Krach und die vieeelen Leute nervten mich, jetzt klar denkend, immer mehr. Das einzig Gute an der Klinik war meine Psychologin die mir schnell geholfen hat und was ich nie gedacht hätte, die Ergotherapie, in der ich einiges über mich gelernt habe.

Wieder zuhause ging es dann gleich los die Rumpelkammer in ein Arbeitszimmer zu verwandeln und alle Tierheime in der Umgebung abzuklappern …

 

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